Die Sonne ist der Mittelpunkt unseres Sternensystems - eine gigantische, glühende Kugel, die hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium besteht und 1,3 Millionen Mal größer ist als die Erde. Aufgrund ihrer enormen Größe macht sie 99,86 % der Gesamtmasse des Sonnensystems aus. Da sie in ihrem Inneren durch Kernfusionsprozesse ständig Energie erzeugt, ist sie die mit Abstand wichtigste Energiequelle für Leben auf unserem blauen Heimatplaneten. Theoretisch liefert die Sonne in einer Stunde mehr Energie, als alle Menschen in einem Jahr verbrauchen. Warum nutzen wir das nicht einfach?
Okay, natürlich nutzen wir diese Art der Energiegewinnung bereits. Solartechnik gibt es schon seit 180 Jahren, auch wenn sie damals von vielen Wissenschaftlern aufgrund der Dominanz von Energietechnologien, die auf der Verbrennung von Kohle basieren, abgelehnt wurde. Doch wie Bob Dylan in den 1960er Jahren sang, „the times they are a-changing“, und die Solartechnik des Sion könnte dafür ein Beispiel von vielen sein.
Mit der Sonne von A nach B
Energie zu erzeugen, indem man ein bestimmtes Material dem Licht aussetzt, ist also nichts Neues. Genauso wenig ist es neu, Solarzellen auf Fahrzeugen anzubringen. Laut dem us-amerikanischen Volkszählungsamt (United States Census Bureau) demonstrierte der Ingenieur William G. Cobb von General Motors bereits im Jahr 1955 sein erstes Konzept für Solarmobilität. Es sah ein wenig anders aus als das, was Physiker und Ingenieure in den folgenden Jahrzehnten entwickeln würden - aber hey, er hat es versucht.
Zum Glück sieht der Sion keinem der beiden Beispiele besonders ähnlich. Immerhin ist es unser Ziel, ein Auto zu entwickeln, das zwar die Vorteile der Solarenergie nutzt, aber trotzdem alltagstauglich ist. Um das zu erreichen, haben wir eine eigene Technologie entwickelt, die sich vor allem durch die Integration der Zellen in die Karosserie unterscheidet. Das Zauberwort lautet „Spritzgießen“.
Das Spritzgießen ist ein Fertigungsverfahren, mit dem man komplexe Formstücke aus Polymeren herstellen kann. Dazu verwendet man eine Form, in die eine heiße Polymerschmelze eingespritzt wird, um die benötigte Komponente zu formen. Fast alle Polymerteile um uns herum werden im Spritzgussverfahren hergestellt. Es ist ein sehr schneller Herstellungsprozess, der eine geringe Ausschussrate und komplexe Geometrien ermöglicht.
Für unsere Anwendung haben wir ein besonderes Verfahren entwickelt, das es uns ermöglicht, die Solarzellen in die Spritzgussform zu integrieren und sie so während der Produktion in die Polymermatrix der Karosserieteile einzubinden. Dies ist unsere eigene patentierte Technologie, mit der wir eine nahtlose Integration der monokristallinen IBC-Solarzellen in die Karosserieteile des Autos erreichen.
Dieser Prozess ermöglicht es uns, auf Glas, eine Rückwand, eine Anschlussbox oder einen Aluminiumrahmen zu verzichten. Das Glas ersetzen wir durch einen transparentes Thermoplast während der Aluminiumrahmen, die Rückwand und die Anschlussbox durch ein nicht-transparentes Thermoplast ersetzt werden. Dadurch sind unsere Solarpaneele durch die spezielle Polymerbeschichtung vor äußeren Einflüssen geschützt, was eine Vielzahl von Vorteilen mit sich bringt. Die Paneele haben eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen physikalische Stöße und sind dazu bruchsicher.
Zusätzlich können wir das Gewicht der Solarmodule im Vergleich zu herkömmlichen Glasmodulen um mehr als 50% reduzieren. Das macht unsere Paneele nicht schwerer als herkömmliche Karosserieteile. Darüber hinaus sorgen unsere getestete Materialauswahl und Solarzellentechnologie für maximale Effizienz, einen höheren Ertrag auf kleinen Flächen und eine nahtlose Integration in die Außenhaut des Fahrzeugs. Dort sind die Solarzellen kaum zu sehen.
Die Sonne - eine unendliche Energiequelle?
Wissenschaftler schätzen, dass die Sonne noch mindestens fünf Milliarden Jahre lang die Erde mit Energie versorgen wird. Danach wird ihr der Wasserstoff ausgehen und sie wird zu einem sogenannten Roten Riesen. Das gibt uns mehr als genug Zeit, um das Potenzial der Sonnenenergie für alle möglichen Anwendungen zu nutzen. Verschiedene Marktstudien haben ergeben, dass der Bedarf an Solartechnik in den kommenden Jahren immer weiter wachsen wird. Der IDTechEx-Bericht über Solarfahrzeuge besagt beispielsweise, dass die Anzahl von Solareautos in den nächsten zwanzig Jahren (2021-2041) von 5.300 auf 2.852.400 steigen wird. Allein dieser Markt soll im gleichen Zeitraum einen Wertzuwachs von 0,2 Milliarden Dollar auf 39,5 Milliarden Dollar erfahren.
Dank unserer Technologie sind wir auf dieses Wachstum mehr als gut vorbereitet. Ihr größter Vorteil ist ihre Flexibilität, die es ermöglicht, sie in die verschiedensten Oberflächen zu integrieren. Bei mittelgroßen Elektrofahrzeugen wie dem Sion helfen bereits Solarzellen mit mehr als 1 kWp, die Reichweite zu erhöhen und die Abhängigkeit vom Stromnetz zu reduzieren. Bei nicht-elektrischen Fahrzeugen kann die Solartechnologie alle Hilfssysteme wie Kühlsysteme oder Klimaanlagen mit Strom versorgen und so die Betriebskosten reduzieren.
Für den Sion haben wir ausgerechnet, dass wir in München einen LCOE (Stromerzeugungskosten) von 0,12c€/kWh erreichen. Das ist weit unter den Preisen einer herkömmlichen Ladestation. Außerdem lassen sich damit in den ersten acht Jahren 20 % der Gesamtbetriebskosten des Fahrzeugs reduzieren, da durchschnittlich mehr als 5.000 Kilometer pro Jahr kostenlos zurückgelegt werden können. Energie aus der Sonne ist einfach billiger als aus dem Netz.
Wir nennen diese vielseitig einsetzbare Lösung Vehicle Integrated Photovoltaics (VIPV). Vereinfacht ausgedrückt, versorgt sie jedes Fahrzeug, das Energie benötigt, mit kostenlosem Strom, und das auf die ganzheitlichste und ökologischste Art und Weise. Sie kann an alle Arten von Transportmitteln angepasst werden - von Autos, Vans, LKWs, Anhängern, Bussen bis hin zu Zügen, Yachten und Kreuzfahrtschiffen. Auf der diesjährigen Consumer Electronics Show haben wir einen möglichen Anwendungsfall bereits vorgestellt - den Sono Solar Trailer.
Unsere Berechnungen haben gezeigt, das bei einer nutzbaren Fläche von 115 m² – also das Dach und die Seiten des Trailers – im Standort München durchschnittlich 38 kWh pro Tag erzeugt werden können. Damit könnte ein LKW von entsprechender Größe jährlich 16.990 Kilometer nur mit Solarenergie zurücklegen. Dies sind konservative Rechnungen, das tatsächliche Ergebnis kann je nach Sonnenstunden noch höher ausfallen.
Unsere Freunde von EasyMile haben das Potenzial dieser Technologie erkannt. Anfang des Jahres durften wir bekannt geben, dass wir gemeinsam die Integration unserer Technologie in ihr autonomes Shuttle EZ10 evaluieren werden. Wir hoffen, dass wir bald Details zu ähnlichen Kooperationen mitteilen können.
Der Entwicklungsstand
Seit unserer Präsentation auf der CES im Januar haben wir große Fortschritte in der Technologieentwicklung gemacht. Einer der größten Schritte war, dass wir es geschafft haben, die Batterie des Sion in Echtzeit während der Fahrt zu laden. Wie für das Serienfahrzeug vorgesehen, zeigte unser Infotainmentsystem die korrekte Anzahl der erzeugten Leistung, Spannung und Stromstärke an. Natürlich haben wir diesen historischen Schritt dokumentiert.
Neben dem technologischen Fortschritt sehen wir auch, dass sich immer mehr Menschen für unser Konzept interessieren. Wie der IDTechEx-Report zeigt, wächst der Bedarf an nachhaltiger Energie und damit auch an nachhaltiger Mobilität.
Das Gleiche gilt für unser Team, das auch weiterhin wächst und dabei multikultureller und interdisziplinärer wird. In der Sono Solar Group haben wir Kollegen aus fünf verschiedenen Ländern sowie eine optimale Mischung aus erfahrenen und jüngeren Leuten aus der Automobil- und Photovoltaikindustrie. Derzeit sind wir 23 Ingenieur*innen, Designer, E/E- und Produktexperten, die daran arbeiten, der Welt zu beweisen, dass Solarintegration so viel mehr sein kann als eine kleine Spielerei.